Unterricht im Archiv

Die Vertiefung bzw. Überprüfung von Unterrichtsinhalten ist eine wichtige Erfahrung für Schüler. Hier ist die archivpädagogische Arbeit eine zentrale Vermittlungsstelle für die Vermittlung von historischem Wissen, aber auch richtungsweisender Faktor in der methodischen Analyse.

Nachstehender Erfahrungsbericht einer 9. Klasse gibt beredten Aufschluss.

Der Besuch der Klasse 9a des Helene-Lange-Gymnasiums im Fürther Stadtarchiv am 23. Juli 2008 fand im Rahmen einer Unterrichtsreihe statt, die sich mit den Fürther Juden im Nationalsozialismus beschäftigte und dem bereits eine Stadtführung durch das jüdische Fürth vorangegangen war. Ehe mit der Bearbeitung der Archivalien begonnen wurde, erhielten die Schülerinnen und Schüler eine allgemein quellenkundliche Führung durch das Stadtarchiv.
Die Analyse der Quellen erfolgte in Kleingruppen von zwei bis drei Jugendlichen, da nicht mehr Personen einen Akt einsehen konnten. Zudem war es den Schülerinnen und Schülern auf diese Weise möglich, sich austauschen und zu beraten und die Arbeit, wo es möglich war, einzuteilen.
Die Archivalien knüpften inhaltlich sowohl an die Unterrichtsstunden als auch an den Stadtrundgang an. Darunter waren beispielsweise die Enteignung des Kaufhauses Tietz (StadtA Fürth AR-33-128) und die Schließung des Geschäfts von Josef Rawicz (StadtA Fürth AR-33-18), dem auch das Wiedergutmachungsverfahren beilag.
Jede Kleingruppe erhielt ein Aktenbündel sowie ein Arbeitsblatt mit speziell zu jeder Archivalie angefertigten Fragen, die das Herangehen an die Originalquelle erleichtern sollten. Dennoch gab es genügend Spielraum für eigenes Entdecken, da die Faszikel sehr detailliert und umfangreich waren, die darin enthaltenen Blätter einzeln umgewendet werden mussten und teilweise in Frakturschrift oder Sütterlin abgefasst sind. Zudem wurde für eine Vernetzung der Archivalien gesorgt, indem die Schülerinnen und Schüler auf den Inhalt ähnlicher vorliegender Aktenbündel Bezug nehmen mussten und sich mit anderen Gruppen, die ein vergleichbares Thema bearbeiteten, austauschen sollten. Dies galt beispielsweise für die Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben (StadtA Fürth AR-33-1) oder die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens (StadtA Fürth AR-33-2), die in Zusammenhang mit den Fällen um das Kaufhaus Tietz und Josef Rawicz stehen.
Den Abschluss bildete die Präsentation der Ergebnisse, die die Möglichkeit zu einem Resümee bot. Auch kritische Äußerungen wurden angemerkt. So wies eine Schülerin auf die Schwierigkeit der Inhaltserfassung von umfangreichen Quellen aufgrund der darin enthaltenen Details hin. Daraufhin warf eine andere Schülerin die Frage ein, wer denn überhaupt ins Archiv gehe. Dies ermöglichte es, kurz auf die Problematik von Archivarbeit einzugehen. Ähnliches galt für die Interpretation von Geschichte. Denn ein Schüler machte darauf aufmerksam, dass „seine“ Akten, die die Verordnungen zum Einzug jüdischen Vermögens sowie den Ausschluss aus dem Wirtschaftsleben enthielten, einige Monate vor der Reichspogromnacht erlassen wurden. Im Schulbuch dagegen stehe, dass solche Verordnungen erst nach diesem Ereignis angeordnet wurden. Insgesamt fanden die Jugendlichen die Akten besonders spannend, die Schicksale von Personen behandelten.
Nochmals ein herzliches Dankeschön an das Stadtarchiv Fürth für den ereignisreichen Vormittag!

Miriam Montag-Erlwein

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